Warum ich mich beim Lesen von Mama-Blogs oft unwohl fühle...

Ich tue es immer wieder und lese mich durch die diversen Mama-Blogs. Ich bewunder die Mütter, wie sie dies alles neben ihrem Alltag mit meist mehreren Kindern gewuppt kriegen. Mit dies alles" meine ich: Pädagogische Spielmaterialien für jede Altersstufe selbst basteln, tolle Klamotten nähen, nur gesunde Speisen zuzubereiten. Dann die tollsten Fotos schießen, alles ins Netz stellen, twittern, werben...

Puuuuh...mir geht im ganz normalen Alltag schon die Puste aus. Pädagogisches Spielmaterial finde ich toll, hole mir im Internet Ideen und gebe dann meist schnell auf, wenn mein Kind nicht konzentriert - wie das Vorführkind im Mama-Blog - mein Werk ausreichend würdigt. Gesunde Ernährung schon, aber immer? Zuckerfrei? Ich schaff's nicht. Gerade weil ich mich mit dem Begriff "Schokoholiker" gut selbst identifizieren kann. Und das mit dem Nähen hab ich auch schon versucht...VERSUCHT! Das angefangene T-Shirt wäre mittlerweile 4 Nummern zu klein, sollte ich es zum jetzigen Zeitpunkt fertig stellen. 

Ich lese diese Blogs wirklich gern. Meist sind sie gespickt mit schönen Bildern. Sie lassen mich träumen, wie es sein könnte, wenn der Tag 48 Stunden hätte und wir nicht arbeiten müssten, um unser Leben in der teuren Stadt zu finanzieren. Und dann wache ich meist aus meinen Träumen auf und sehe mich unperfektes Muttertier da hocken, in meinem Alltag, in dem ich froh bin, wenn ich es schaffe, neben Arbeit, Haushalt und Kind noch ein paar soziale Kontakte zu pflegen. 

Nach Außen wirke sogar ich manchmal auf meine Mitmenschen so, als hätte ich immer alles unter Kontrolle, als gelänge mir alles, als wär ich auch ein bisschen so, wie diese Mamas in ihren Blogs (Blöggen???), so kreativ, so immerglücklich, superspontan und mit meiner Rolle als Mutter jede Sekunde im Reinen. Zumindest wird mir das ab und zu rückgemeldet, z.B. wenn wir für den Geburtstag unserer Tochter wochenlang sehr kreativ werden, Einladungskarten basteln, Themenkuchen backen, etc. Das mache ich auch wirklich gerne. Für mich sind das aber nur kurze Zeitfenster, in denen ich das Gefühl habe: jetzt gehör ich auch mal dazu, in den Kreis der Supermütter.

Danach breche ich dann meist erschöpft zusammen...weil DIE das IMMER schaffen, was mir nur PUNKTUELL gelingt.

Ich bin dagegen die Mama, die nicht gerne kocht, die gerne viel Süßes isst, die ein Kind allein schon anstrengend findet. Die, die sich freut, wenn das Kind mal bei Freunden ist und die es dann auch gar nicht vermisst. Die, bei der es zu Hause nicht aussieht, als wohnt nur ein Kind da, sondern 5. Die, die versucht der Tochter ein Gefühl von Ordnung zu vermitteln und selbst in ihrem eigenen inneren und äußeren Chaos untergeht. Die Mama, die nicht immer ruhig bleibt, wenn die 4jährige es eigentlich bräuchte, die auch mal einen Urschrei loslässt, wenn ihr alles zuviel wird. Die, die manchmal den Kuchen heimlich backt, weil ihr das Backen mit einer 4jährigen zu stressig ist. Die, der es nicht immer gelingt dem Kind dabei zu helfen "es selbst zu tun", sondern die es manchmal einfach fürs Kind macht, weil es sonst ewig dauert. 

Ich bin gespannt, wie unsere Tochter uns später sieht. Vielleicht ist ihr das ja alles garnicht so wichtig. Vielleicht erinnert sie sich eher an ihre jonglierende mit Zirkuskünsten ausgestattete Mama, mit der sie so gut Kunststücke machen konnte. Oder dass ihre Mamas sie solange haben aufbleiben lassen, bis sie selbst ins Bett wollte. Oder an Tage, in die wir einfach nur zusammen in unserer Chaosbude reingetrödelt haben und jeder sich selbst nachging. Wer weiß das schon...