Kennt ihr die leiblichen Eltern?

In unserem Fall kennen wir nur die leibliche Mutter persönlich. Mit dieser haben wir 4x im Jahr einen Besuchskontakt, der begleitet für ca. 1,5 Stunden im Jugendamt stattfindet. In dieser Zeit hat die leibliche Mutter die Möglichkeit in einem Spielzimmer mit unserer Pflegetochter (in unserem Beisein und dem Beisein einer Dame vom Jugendamt) zu spielen. 

Vom leiblichen Vater kennen wir lediglich den Namen und den Wohnort.

 

In den meisten Fällen sind Besuchskontakte ein fester Bestandteil einer Pflegschaft. Bei vielen Dauerpflegschaften finden sie einmal monatlich statt. Es gibt aber auch andere Regelungen - öfter oder seltener. Auch die Dauer und der Ort, ob begleitet oder unbegleitet - all das wird individuell für jedes Pflegeverhältnis festgelegt. Manchmal gibt es auch Besuchskontakte mit leiblichen Geschwistern, Omas und Opas etc. 

Es gibt auch Pflegeverhältnisse, in denen keine Besuchskontakte stattfinden oder nur phasenweise oder die leiblichen Eltern nach einer Zeit wegbrechen. Gerade das Wegbrechen wird oft als Desinteresse der leiblichen Eltern an ihrem Kind gedeutet. Dies mag sicher auch in manchen Fällen zutreffen. Meiner Meinung nach muss aber auch gesehen werden, was für ein großer Kraftakt so ein Besuchskontakt für die leiblichen Eltern darstellt: Jedesmal wird einem vor Augen gehalten, das man es nicht geschafft hat, man sieht sein eigenes Kind, das sich auf andere Eltern bezieht und steht in den meisten Fällen während des Kontaktes noch unter Beobachtung. Ich persönlich möchte so eine Situation nie erleben. 

 

Allerdings muss man auch erwähnen, dass Besuchskontakte nicht immer dem Kindeswohl dienen. Gerade wenn es in der Vergangenheit Gewalterfahrungen, Vernachlässigung (egal auf welche Art und Weise), Co-Abhängigkeiten etc. gab, müssen manche Pflegeeltern vor und nach jedem Besuchskontakt oft viel Zeit und Liebe aufbringen, um ihren anvertrauten Kindern wieder Sicherheit und Geborgenheit zu vermitteln. In diesen Fällen sind Anordnungen des Jugendamtes und/oder des Gerichtes für Besuchskontakte aus menschlicher Seite oft nicht nachvollziehbar. 

 

Prinzipiell ist davon auszugehen, dass es für die Identitätsentwicklung eines Pflegekindes gut ist, einen persönlichen Eindruck von den leiblichen Eltern zu haben - zu wissen, wo man herkommt. Vielleicht auch mal zu merken, dass diese unzuverlässig sind. So kann ein Kind auch eher verstehen, warum es nicht bei den leiblichen Eltern aufwachsen kann. Wichtig ist aber auch, sich vor Augen zu halten, wofür die Besuchskontakte gedacht sind: es geht dabei nicht um den Aufbau einer tragenden Bindung zu den leiblichen Eltern, sondern darum, in Verbindung zu bleiben. Die leiblichen Eltern sehen, wie sich ihr Kind entwickelt und das Pflegekind bekommt ein Bild seiner Eltern. Danach gehen alle Beteiligten zurück in ihr Leben.